#1

Die Reaktionen der Anderen

in Ich bin einfach sehr traurig und möchte reden 17.07.2024 15:32
von Csillamar • 32 Beiträge | 32 Punkte

Hallo!

Ich habe hier bei meiner letzten Fehlgeburt geschrieben. Insgesamt hatte ich 3 - 2021 in der 13. SSW, die natürlich abging, dann 2023 eine sehr spät erkannte Eileiterschwangerschaft mit Not-OP und Anfang 2024 eine frühe Fehlgeburt, bei der aber ewig nicht feststand, ob es nicht doch eine Eileiterschwangerschaft ist (was an sich auch unglaublich belastend ist). Zu meinem großen Glück habe ich ein gesundes Kind vor den ganzen Fehlgeburten geboren.

Ich schreibe hier, weil mich die Reaktionen der Außenwelt so verletzen immer wieder.
Es wissen nicht viele, muss ich sagen. Seit meiner ersten Fehlgeburt wurden in meinem nächsten (Arbeits/Freundes/Familien)Kreis 21 Babys geboren. 21! Das allein tut unendlich weh. Mit so vielen war ich gemeinsam schwanger. Einige aus dem Freundeskreis wissen, dass ich die Fehlgeburten hatte. Ich kann nicht sagen, dass die Reaktionen allzu mitfühlend wären. Vieles aus der Hilflosigkeit heraus. Reaktionen der Art "Sei doch froh, dass Du ein Kind hast." Eine Kollegin, die mehr oder weniger meinte, dass das ja kein Grund für ne Krankschreibung sei (bei der letzten). Ich habe wieder und wieder das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen, wenn ich mal davon spreche. Und das kommt weiß Gott selten vor.

Eine Freundin, der ich davon erzählt habe, hatte selbst eine Fehlgeburt. Da war sie in einer gewalttätigen Beziehung, was natürlich auch entsetzlich war. Aber sie hat es dann in einer Weise kommentiert, dass ihre Erfahrung ja sehr viel schlimmer sei als meine, und warum ich da so stark reagiere. Sie hat es nicht böse gemeint, war wohl einfach gedankenlos, aber es war so verletzend. Eine Freundin, die fragte, ob der Kopf immer noch nicht fertig sei damit, als ich sagte, dass ich natürlich um meine Kinder trauere. (Der Kopf? Da geht es nicht um den Kopf.)

- und ja, das waren meine Kinder. Keine Träume, keine imaginierten Leben, das waren meine Kinder, ich hatte meinen Jungen (bei der ersten FG) in der Hand, er war ein echtes Baby. Ich hab sein Gesicht gesehen. Ich hab seine Seele gespürt, als er noch in mir war.

Ganz aktuell aber verletzt am Meisten die Krankenkasse. Ich hatte einen Antrag auf Mutter-Kind-Kur gestellt. Die Fehlgeburten stehen im Antrag mit drin, zusammen mit sehr vielen Stresssymptomen, die ich seither habe. (Schlafstörungen. Migräne. Ständige Infekte. Magenschmerzen.)
Die Antwort der Krankenkasse lag 2 Tage später im Briefkasten. Bei mir sei keine Belastung feststellbar, die ÜBER DAS ALLTÄGLICHE MASS hinausgehe.

Das war ein echter Schlag in die Magengrube. Es fühlt sich an, als würde mir ganz offiziell dieses "Stell dich nicht so an" attestiert. Als Gegenbeispiel wird alleinerziehend genannt, oder Pflege Angehöriger. Denen darf es schlecht gehen. Muss man das denn so formulieren, wenn man sowas ablehnt?
Das tut einfach so weh.

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#2

RE: Die Reaktionen der Anderen

in Ich bin einfach sehr traurig und möchte reden 17.07.2024 16:35
von Katrin • 509 Beiträge | 509 Punkte

Liebe Csillamar,
es tut mir sehr leid, dass es dir so schlecht geht und du so mit den Reaktionen der anderen zu kämpfen hast!
Man hat ja schon mit sich selbst zu kämpfen und hadert mit dem eigenen Schicksal. Da bräuchte man viel mehr Rücksichtnahme und Verständnis...

So viele Geburten im Umfeld sind ja super schwierig, wenn man selbst seine Kinder betrauert.
Ja, natürlich sind es deine Kinder, egal wie groß oder klein! Und du brauchst dafür die Zeit, die du eben brauchst, egal was andere meinen.

Dass du von der Krankenkasse so ein blödes Schreiben bekommen hast ist ja wirklich bescheuert. Deine Symptome klingen echt nicht lustig und drei Fehlgeburten sind nicht gerade "alltäglicher Stress". Du stellst dich nicht an. Das ist schlimm. Gibt es die Möglichkeit Einspruch einzulegen?

Ich bin immer sehr offen mit meinen Fehlgeburten umgegangen und tue das auch weiterhin, weil ich es hasse, dass das so ein Tabuthema ist und ich etwas dagegen tun will. Mir ist klar, dass nicht jede das kann und will. Aber vielleicht wäre es eine Überlegung wert, es ein paar Menschen zu erzählen, damit sie mehr Rücksicht auf dich nehmen können? Das tun natürlich trotzdem nicht alle und nicht alle reagieren gut. Ich wurde da immer wieder überrascht - mal positiv und mal negativ.
Es ist schade, wenn die, die es wissen, nicht besonders mitfühlend sind. Das macht es ja nur noch schwerer. Ich glaube, viele haben einfach keine Ahnung, was wir da mitmachen.

Ich fühle mit dir. Du bist normal, du darfst trauern, das macht Stress. Und es ist gut, dass du das erkennst und für dich sorgen willst. ( Blöd, dass die Kasse das nicht erkennt...)

Ich wünsche dir viel Kraft und den ein oder anderen verständnisvollen Menschen in deinem Umfeld!

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#3

RE: Die Reaktionen der Anderen

in Ich bin einfach sehr traurig und möchte reden 17.07.2024 20:04
von Nelke • 2.258 Beiträge | 2268 Punkte

Hallo csillamar,

deine Verluste tun mir sehr leid. Es ist schlimm auch nur ein Baby zu verlieren. Jeder einzelne Verlust hinterlässt seine Spuren im Leben.
Niemand hat das Recht dazu eure Kinder klein zu reden. Sie sind genau so groß und wichtig, wie ihr sie in euren Herzen spürt.
Dass die ein oder andere Freundschaft auf Eis gelegt wird oder auch zerbricht kennt hier wohl fast jede Frau.
Außenstehende versuchen Fehlgeburten klein zu reden, weil es ihnen damit besser geht. Wenn sie die Fehlgeburten als gleichwertigen Tod betrachten würden, wären sie traurig und dieses Gefühl mag kein Mensch. Das ist zumindest der Stand aus der Psychologie als Erklärung für deren Verhalten.

Zur Krankenkasse kann ich nur sagen, dass das pauschal einfach immer geschrieben wird. So werden Menschen abgeschreckt sich für eine erneute Prüfung stark zu machen. Schade, dass deine Ärzte dich nicht vorgewarnt hatten. Du könntest deine Ärzte um eine Stellungnahme bitten und deine Situation per Brief dazu legen. Das hilft in der Regel.
Die Krankenkassen versuchen eben so viel zu sparen wie es nur geht.

Ich wünsche dir viel Kraft für die bevorstehende Zeit, Lena

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