Hallo zusammen,
ich bin schon eine Weile stille Leserin in diesem Forum und es hat mich ehrlicherweise Überwindung gekostet, selber aktiv zu schreiben. Ich bin sonst alles andere als aktiv in Foren oder sozialen Medien. Ich hänge aber jetzt schon eine Weile ziemlich durch und komme nicht so recht auf die Beine. Nun habe ich mir gedacht, dass es mir vielleicht helfen könnte, mir mein Erlebtes von der Seele zu schreiben. Ich bin bald 39 und habe zwei wunderbare Söhne und einen lieben und verständnissvollen Partner zur Seite. Das erste Kind wurde 2016 geboren. Gut ein Jahr später war ich wieder schwanger, bei der Untersuchung in der 8. SSW zeigte sich aber, dass es sich um ein Windei (also Fruchthöhle ohne Embryo) handelte. Ich habe mich für einen natürlichen Abgang entschieden. Der fand dann etwa 3 Wochen später auch statt. 2019 kam das zweite Kind zur Welt, hat also wieder geklappt. Im Sommer 2020 bin ich wieder schwanger geworden. Es sah alles gut aus. In der 12. SSW im Ultraschall war allerdings keine Herzaktivität mehr da, ihr kennt den Moment alle wenn die Welt stehen bleibt und sich doch weiter dreht. Ich entschied mich für die Ausschabung aus vor allem organisatorischen Gründen und weil ich es nicht ertragen konnte weiterhin schwanger mit einem toten Kind zu sein. Es hat uns sehr getroffen und ziemlich durchgeschüttelt, weil nichts darauf hingedeutet hatte, dass es schief gehen könnte. Weil wir es nicht erwartet hatten weil ich auch gedacht hatte, wir hatten ja schon mal Pech gehabt, das wird ja wohl nicht nochmals passieren. Falsch gedacht. In der genetischen Untersuchung zeigte sich, dass es ein Mädchen war mit Trisomie 21. Das Wissen um die Ursache hat mir mit Sicherheit die Verarbeitung erleichtert. Beim ersten möglichen Übungszyklus wurde ich wieder schwanger. In der 6. SSW, am 23.12.2020, hab ich aber Blutungen bekommen und es ist wieder gegangen. Jetzt habe ich mehr Sternchen als lebende Kinder, einer von vielen Gedanken der mich immer wieder traurig macht.
Beim ersten Abgang hat auf jeden Fall geholfen, dass ich bald darauf doch einen gesunden Jungen bekommen habe, damit hadere ich nicht mehr. Nach der zweiten FG konnte ich mit der Zeit auch meinen Frieden schliessen. Aber jetzt, nach dem dritten Mal, da hadere ich sehr und es fällt mir gerade schwer, es hinter mir zu lassen, und ich merke, dass ich die Sache persönlich nehme und es mir immer schwerer fällt, unsinnige Gedanken (siehe weiter unten) von mir zu schieben. Für mich erschwerend kommt hinzu, dass mein Bruder und meine Schwägerin (die ich sehr mag) immer ungefähr zur gleichen Zeit ein Kind erwarteten wie wir. Bis auf das Erste durften sie aber alle behalten bzw. ist sie derzeit immer noch schwanger, während ich meine verloren habe bzw. um ein zweites Kind "kämpfen" musste und mir jetzt auch das dritte "verwehrt" blieb. Ich finde das so ungerecht und ich ertrage es nicht mit ihnen zu telefonieren, ohne dass es mich danach tagelang runterzieht. Ich frage mich, warum sie Schwangerschaft kann und ich nicht, was ist bei mir falsch. Ich frage mich auch, was es zu bedeuten hat, dass wir drei FGs haben und andere keine erleben, sind wir schlechte Eltern oder warum sollen wir kein drittes Kind bekommen? Und ich frage mich, was kommt denn als nächstes, wenn ich nochmals schwanger werden sollte, wird es mir dann einfach in der 30. SSW genommen? Sollten wir besser mit versuchen aufhören und das Schicksal so akzeptieren? Es fällt mir gerade sehr schwer wieder auf die Füße zu kommen. Und ich weiss, dass es mir sehr schwer fallen wird, bei einem erneuten Versuch entspannt zu bleiben nach dem Motto "alles kann, nichts muss". Darüber reden mag ich derzeit nicht (ich kenne auch nicht so viele, die sowas erlebt haben wo es dann auch einfacher ginge), aber vielleicht hilft mir ja schreiben in diesem Forum und der Austausch mit euch bei der Verarbeitung. Lieben Dank euch.

Liebe vergssmeinnicht,

Deine Gedanken teilen hier so viele. Du bist kein schlechter Mensch, nur weil das Schicksal euch so einen schweren Weg zukommen lässt.
Wenn eine Frau so viele Verluste ertragen musste, ist es doch verständlich, dass sie nicht an all diese traurigen Erfahrungen erinnert werden möchte. Ich selbst meide den Kontakt einer Freundin. Sie hat zur selben Zeit die kinderplanung angefangen. Ich habe 2 Sternchen, sie hat zwei wundervolle Kinder. Immer wenn ich von ihr höre, kommen die Erinnerungen an die Sternchen hoch. Dieser Freundin habe ich geschrieben, wie es mir mit den Kontakt zu ihr geht. Sie hat Verständnis und gibt mir Zeit....
Ich wünsche dir viel Kraft, dass du deinen Weg findest!
Liebe Grüße 🌺

Danke Susanne für Deine Worte. Es hat mir schon viel geholfen, dass ich hier meine Geschichte schreiben konnte - und das Wissen, dass sie gelesen wird und meine Gedanken und Gefühle verstanden werden, tut gut. Ja, ich empfinde wie Du geschrieben hast, Neid gegenüber meiner Schwägerin, keine Missgunst. Aber ich weiss auch, dass es irgendwann besser wird, die Zeit wird die Wunde heilen - das ist vielleicht der Vorteil vom älter werden ;-) Danke für den Tipp bezüglich pimp my egg... ich lese ja schon länger mit und habe mir tatsächlich schon was besorgt ;-)

Liebe Nelke,
Danke Dir für Deine Worte. Ich fühle so mit Dir, wenn ich Deine Geschichte lese. Es tut mir so leid, ich finde es so hart und ich merke sofort dass ich mir wieder denke wie unglaublich unfair das Leben manchmal spielt. Ich wünsche Dir viel Kraft, Selbstfürsorge und Mut auf Deinem Weg. Vielleicht können wir eines Tages verstehen, wozu diese Erfahrungen gut gewesen sind und wie sie uns geprägt und geformt haben. Aber wenn man so mitten in der Situation drin steckt, ist es manchmal schwierig sie auszuhalten. Ich habe mir auch schon überlegt, ob ich es meiner Schwägerin irgendwie mitteile dass mir der Kontakt momentan schwer fällt. Bisher wollte ich das nicht, weil ich ihr die Freude an der Schwangerschaft nicht verderben möchte. Vielleicht gibt sich aber mal eine Gelegenheit. Fühl Dich gedrückt und Danke für den Austausch. Das hat gut getan!

Vielen Dank Vergissmeinnicht.
Die Zeit hilft wirklich. Immerhin ist es irgendwann nicht mehr so unerträglich. Die guten Tage nehmen zu und die schlechten Tage werden weniger schlimm sein.
Wenn du offen und ehrlich darüber mit deiner Schwägerin sprichst, wird sie es bestimmt verstehen 🍀👍
Liebe Grüße 🌺