#1

Trauer um Vergangenes - Angst vor der Zukunft

in Eure Geschichte 08.02.2021 18:54
von Maya • 2 Beiträge | 2 Punkte

Es fällt mir schwer über meine Fehlgeburten zu sprechen, vielleicht tut es gut es aufzuschreiben. Die Geschichten im diesem Forum berühren mich sehr.

Ich hatte meine erste Fehlgeburt in sehr jungen Jahren.. trotz 'doppelter' Verhütung wurde ich ungewollt schwanger. Es war ein Schock! Ich war völlig überfordert und war erleichtert, als der Arzt in der 9. SSW "nur" eine leere Fruchthöhle feststellen konnte. Nach der Ausschabung hatte ich damals starke Schmerzen und Blutungen und ich habe mir gewünscht, so etwas nie wieder erleben zu müssen. Meine Familie hat mich damals zum Glück sehr unterstützt.

Mit 33 Jahren wurde ich ungeplant schwanger. Obwohl ich mich gerade von meinem damaligen Partner getrennt hatte und ich erschrocken war über eine Schwangerschaft, habe ich mich auch von Herzen gefreut und mir wurde bewusst, dass ich eine große Sehnsucht in mir hatte, Mutter zu sein. Leider stellte sich beim 1. Ultraschall heraus, dass es sich um eine Eileiterschwangerschaft handelt. Man konnte das kleine Herz schlagen sehen in der 8. SSW, obwohl es sich im Eileiter eingenistet hatte. Nach der OP war ich erstmal dankbar, dass es heute medizinisch möglich ist Hilfe zu bekommen und ich das ohne großen physischen Schaden überstehen konnte. Ich war sehr traurig über den Verlust und wusste ab diesem Erlebnis, dass ich Mutter sein möchte. Da war so viel Liebe für dieses ungeborene Kind.

Heute bin ich 39 Jahre alt, in einer liebevollen Beziehung. Mein Partner und ich versuchen seit 5 Jahren ein Kind zu bekommen. Trotz Diagnosen, sollte es medizinisch eigentlich möglich sein. Wir haben viel versucht. Aufgrund meines Alters riet man uns irgendwann zu einer IVF in der Kinderwunschklinik. Ich hatte Anfangs große Angst und Abneigung davor, 'künstlich' einzugreifen. Ich brauchte 2 Jahre Bedenkzeit, bevor ich für einem IVF Versuch bereit war.

Die Hormonbehandlung habe ich mir viel schlimmer vorgestellt, ich hatte Glück und es gut vertragen. Wir hatten einen übermäßigen Erfolg und so konnten viele befruchtete Eizellen eingefroren werden. Anfang Dez. 20 wurde der erste Embryo eingesetzt. Zu Weihnachten hatten wir einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand. Ich konnte es kaum glauben, dass es geklappt hat beim 1. Versuch. Ich war so glücklich und es war irgendwie so heilsam für mich... zu erfahren, dass sich ein Embryo einnisten konnte. Beim Ultraschall in der 6. SSW konnte man das Herz schlagen sehen.
Da wir nun bereits jahrelang versucht haben ein Kind zu bekommen und unsere Freude nicht verbergen konnten, habe wir unsere Familien eingeweiht. Die Freude war groß.

Dann kam der nächste Ultraschall.... und obwohl man es irgendwie öfter mal im Hinterkopf hat, ist man doch überhaupt nicht vorbereitet auf diese Nachricht. Das Herz des Babys hat in der 9. SSW aufgehört zu schlagen. Ich habe meinen  Herzschmerz nicht sofort gespürt, ich glaube ich konnte es nicht aushalten. Erst als mein Freund mich am Parkplatz umarmt hat (er durfte aufgrund der Corona Maßnahmen nicht beim Ultraschall dabei sein), durften meine Tränen fließen. Realisiert habe ich es im Nachhinein betrachtet erst so richtig nach dem Abgang.

Letzte Woche wurde mit Tabletten ein Abgang ausgelöst. Obwohl es schon schmerzhaft war, war es für mich wichtig, das zu spüren und zu erleben. Eine Ausschabung wollte ich nicht, weil ich es 'brauchte', dass meine Gebärmutter das mal alleine schaffen darf. Ich habe nach dem Ultraschall erstmal zwei Wochen gewartet, Akupunktur bei der Hebamme, Senfmehlfußbäder gemacht, Tees getrunken... letztendlich habe ich nach zwei Wochen mit den Medikamenten nachgeholfen. Ich habe das kleine Zergerl in seiner Fruchtblase aufgefangen. Wir haben es an einem schönen Ort begraben und für uns Losslass-Rituale gemacht. Es hilft mir viel zu weinen.

Ich hoffe, dass der Ultraschall nächste Woche ergibt, dass keine Gewebereste in der Gebärmutter zurückgeblieben sind.

Erst nach dem Abgang kam die große Traurigkeit.. so als ob meine Gebärmutter, mein Körper es erst dann 'verstanden' hat. Ich weine und trauere viel. Ich hatte bereits so viele Erwartungen und Pläne.. ich habe mich so gefreut, dass wir eine Familie werden. Und da war/ist so viel Liebe für dieses Kind. Mein Partner geht anders damit um, er stützt mich in dieser Situation sehr, er lässt mich traurig sein und dafür bin ich dankbar.

Ich denke viel an meine ersten beiden Fehlgeburten und ob und wie alles zusammenhängen könnte. Aber diese Fragen machen keinen Sinn, sondern nur Kopfzerbrechen.

Ich weiß, dass es wieder anders wird. Dass Freude und Zuversicht kommen werden. Ich spüre auch, dass ich diesen Prozess des Trauerns nicht 'abkürzen' kann bzw. darf. Ich bin noch lieber für mich alleine oder mit meinem Partner, mag niemanden treffen, weil ich noch nicht bereit bin darüber zu sprechen.

Ich fühle mich, als würde ich feststecken zwischen der Trauer um Vergangenes und Angst vor der Zunkunft. Und doch spüre ich ganz leicht das Vertrauen, dass es wieder anders wird.. dass die Wolken sich verziehen werden und die Sonne wieder scheinen darf. Darauf hoffe ich im Moment und (noch) nicht mehr.

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#2

RE: Trauer um Vergangenes - Angst vor der Zukunft

in Eure Geschichte 08.02.2021 19:27
von Susanne • 4.787 Beiträge | 4805 Punkte

Hallo Maya, herzlich willkommen und mein Mitgefühl. Du wirkst recht aufgeräumt und reflektiert, so dass Du Deinen Weg schon gefunden hast. Das ist schön und ich wünsche Dir alles Gute✊🏻

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#3

RE: Trauer um Vergangenes - Angst vor der Zukunft

in Eure Geschichte 08.02.2021 20:48
von GoldeneHimbeere (gelöscht)
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Hallo Maya,
Deine Verluste gehen mir sehr nahe, denn ich weiß, wie Du Dich fühlst. Drei Fehlgeburten steckt man nicht einfach so weg und irgendwann hat man Angst, so wie Du es auch sagst, vor der Zukunft. Was sie bringt oder eben vielleicht auch nicht bringt. Und ich glaube dir, dass du jetzt die ersten beiden Fehlgeburten in Zusammenhang mit der letzten bringst und denkst, dass es einen Grund hat.
Hast du dir schon überlegt, was deine nächsten Schritte sind, wenn du die Trauer bewältigt hast, dann kommen diese Gedanken. Denn der Wunsch erlischt ja nicht einfach. Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute!

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#4

RE: Trauer um Vergangenes - Angst vor der Zukunft

in Eure Geschichte 08.02.2021 22:23
von Ma_rie • 167 Beiträge | 168 Punkte

Liebe Maya,
es tut mir von Herzen leid, dass du da durch musst! Beim Lesen deiner Geschichte kamen mir die Tränen, auch ich hatte vor ein paar Tagen eine kleine Geburt und muss grade das dritte Mal den Verlust ertragen, verarbeiten, durchleben und um Hoffnung, Vertrauen und Zuversicht ringen. Zwischen Trauer und Angst vor dem was kommt, beschreibt es so gut. Du bist nicht alleine und ich kann sehr gut mitfühlen wie es dir grade ergeht, auch wenn es das nicht verändert oder besser macht.
Du hörst dich in deinen Worten sehr stark und tapfer und selbstbestimmt an! Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass sich eine immer stabilere und sichere Brücke für dich auftut, zwischen der Trauer und der Zuversicht und Hoffnung. Gute Gedanken schicke ich dir!
Liebe Grüße,
Marie

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#5

RE: Trauer um Vergangenes - Angst vor der Zukunft

in Eure Geschichte 09.02.2021 12:24
von Maya • 2 Beiträge | 2 Punkte

Vielen Dank für eure lieben Worte! Ich finde es wirklich sehr hilfreich, dass es diesen Austausch gibt. Es hat mir auch meine Angst vor dem Abgang etwas genommen, weil ich vorher Erfahrungsberichte lesen konnte. Danke an all die Frauen, dass ihr eure Geschichten teilt!
Ich versuche auch all den negativen Emotionen wie Wut und Neid Platz zu geben. Das fällt mir nicht leicht, weil ich sie selber verurteile... aber eine liebe Freundin die Therapeutin ist, hat mir empfohlen auch diese Emotionen willkommen zu heißen und reinzuspüren, damit sie dann wieder weiterziehen können. Das versuche ich und auch mich selbst dafür nicht zu verurteilen.
Ich schau nur ganz vorsichtig in die Zukunft, aber ich hoffe, dass ich den Mut finde meinem Kinderwunsch weiterhin nachzugehen und einen zweiten IVF Versuch zu wagen.
Danke für eure Unterstützung und alles alles Liebe für euren weiteren Weg!

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