#1

Kurz und schmerzhaft

in Eure Geschichte 30.04.2021 11:08
von SM1913 • 35 Beiträge | 35 Punkte

Hallo zusammen,
ich möchte hier meine Geschichte erzählen, weil ich es für eine gute Sache halte, das Thema nicht zu verschweigen und mit anderen Betroffenen die Erfahrungen und Erlebnisse auszutauschen.
Ich hatte eine Fehlgeburt in der 8. SSW. Aber erstmal von Anfang an. Die Schwangerschaft war nicht geplant, da ich meinen Partner auch erst seit wenigen Monaten kannte. Ich habe die Schwangerschaft von Anfang an gespürt und war mir vor dem Frauenarzttermin sehr sicher, dass ich schwanger bin. Wir haben auch keinen Schwangerschaftstest bei der Apotheke geholt, sondern ich habe direkt einen Termin bei meiner Frauenärztin gemacht. Auch weil es meine erste Schwangerschaft war. Der Termin war sehr schön. Die Ärztin hat am Anfang gesagt, dass es wahrscheinlich zu früh sei, etwas auf dem Ultraschallbild zu sehen, aber dennoch machte sie routinemäßig einen vaginalen Ultraschall, um u.a. eine Eileiterschwangerschaft auszuschließen. Doch auf dem Ultraschallbild war mehr zu sehen als erwartet. Eine größere Gebärmutter eine Fruchthöhle und ein kleiner Punkt. Für den Zeitpunkt der Schwangerschaft war der Embryo schon sehr groß. Die Ärztin sagte dann, dass beim nächsten Termin in 2 Wochen das Herz schlagen wird und wir alles Weitere besprechen werden (Mutterpass, Hebammen etc.). Freudig erzählte ich alles meinem Partner.
In den nächsten 2 Wochen haben wir unser komplettes Leben neu geplant, da wir nun im November Nachwuchs erwarten. Es hat alles sehr gut funktioniert. Wir haben uns sehr darauf gefreut. In der Zeit hatte ich wenig Schwangerschaftsbeschwerden. Brustspannung, leichte Übelkeit, die aber schnell aufhörte und ein leichtes ziehen im Unterleib.
Beim 2. Frauenarzttermin hat die Ärztin wieder einen vaginalen Ultraschall gemacht. Der Embryo ist leicht größer geworden, aber das Herz hat noch nicht angefangen zu schlagen. Diese Tatsache hat mich schon etwas grübeln lassen. Zudem haben die Schwangerschaftsbeschwerden fast komplett aufgehört. Ich konnte essen was ich wollte, Sport machen und war recht fit. All diese körperlichen Veränderungen konnte ich aber nicht genau einschätzen.
Eine Woche nach dem 2. Frauenarzttermin bekam ich Schmierblutungen. Ich rief sofort bei der Frauenärztin an und bekam für den nächsten Tag einen Termin. Abends konnte ich kein Sport mehr machen, weil die Schmerzen im Unterleib stärker wurden und ich spürte, dass etwas nicht stimmte. Bei der Ärztin wurde ich dann wieder per Ultraschall untersucht. Der Ultraschall hat gezeigt, dass der Embryo nicht gewachsen ist und wieder kein Herzschlag zu sehen ist. In der 8. SSW ist es allerdings üblich, dass das Herz schlägt. Ein schlechtes Zeichen. Zudem war die Fruchthöhle leicht deformiert, was ein Anzeichen für ein Abort sein kann. Die Ärztin hat mir geraten abzuwarten und den nächsten Kontrolltermin in einer Woche wahrzunehmen. Dann könnte man entscheiden wie man weiter vorgeht. Ob ich einen natürlichen Abgang haben möchte oder eine Ausschabung mit ambulanter Narkose im Krankenhaus.
Diese Nachricht hat mich sehr geschockt. Ich war kaum in der Lage nach Hause zu fahren und habe mir erstmal Trost bei meinem Partner geholt. So ein schlimmes Erlebnis in Worte zu fassen ist sehr schwierig. Man fühlt sich, als würde man in ein bodenloses Loch fallen. Der Schmerz des Verlustes ist sehr hart. Ich konnte es auch noch nicht begreifen. Es hat gedauert, bis ich das alles verarbeitet habe.
Mein Körper schien mit dem ganzen allerdings schnell abschließen zu wollen. Denn 3 Tage nach dem Frauenarztbesuch an einem Samstagmittag, nach einem ausgiebigen Frühstück und einer kleinen Radtour gingen die Schmerzen, Krämpfe und später Wehen los. Sechs Stunden lang habe ich zuhause eine kleine Geburt durchlebt. Auf dem Sofa mit Körnerkissen, auf Toilette und später in der warmen Badewanne. In der Hochphase der Wehen, die etwa 3 Stunden ging, kamen die Wehen alle 2 Minuten für da 1 Minute. So viel Blut und irgendwo dazwischen ein nicht lebensfähiger „Zellhaufen“. Eine sehr schreckliche Vorstellung. Mein Partner hat mich in der Zeit sehr gut unterstützt und für mich gesorgt. Zwei Tage später hatte ich dann nachts nochmals Wehen und Krämpfe, um den Rest rauszuholen. Viel Kürzer und weniger als beim ersten Mal.
Beim Kontrolltermin bei meiner Frauenärztin hoffte ich sehr, dass schon so viel „raus“ ist, dass eine Ausschabung nicht nötig sei und mein Körper dies von alleine geschafft hat. Die Frauenärztin bestätigte mit, dass genug rausgekommen ist und das eine Ausschabung nicht nötig sei. Den Rest von ca. 1,5 cm würde spätestens bei der nächsten Periode mit entfernt werden. Also werde ich nur noch einen Kontrolltermin in 4 bis 6 Wochen, nach der ersten regulären Periode, bekommen und dann ist das Kapitel abgeschlossen.
Für die Trauerbewältigung und als Andenken an unser Sternenkind werden wir an das Grab von meinem Opa, der ca. zum Zeitpunkt der Befruchtung gestorben ist, einen Metallstern stecken. Hierbei merkt man wie nah sich der Tod und das Leben sind. Das Eine existiert nicht ohne das Andere.
Man bemerkt erst, wie viele Frauen von diesem Thema betroffen sind, wenn es einen selbst trifft. Und ich finde es wichtig, dass Thema mehr in die Öffentlichkeit zu stellen, um anderen Frauen Informationen zu liefern, damit keiner hilflos ist. Ich habe selbst viele Blogs und Foren durchstöbert. Diese haben mir sehr geholfen das Thema zu verstehen und dadurch habe ich auch gemerkt, dass ich nicht alleine bin. Ganz im Gegenteil, es betrifft so viele Frauen, aber niemand spricht darüber. Das sollte sich ändern.
Ich schaue nun positiv in die Zukunft und wünsche allen Gleichgesinnten viel Kraft und Geduld diese Erlebnisse zu verarbeiten!
Liebe Grüße, Susanne

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#2

RE: Kurz und schmerzhaft

in Eure Geschichte 30.04.2021 20:06
von Susanne • 4.789 Beiträge | 4807 Punkte

Liebe Susanne (eine Namenskollegin), herzlich willkommen und mein Mitgefühl für Deinen Verlust. Danke, dass du deine Erfahrungen so ausführlich mit uns teilst, das wird einigen sicher helfen sich ein Bild vom evtl kommenden zu machen.

Du wirkst als ob Du es recht gut aufgefasst und verarbeitet hast. Das ist schön und ich hoffe, es geht weiterhin bergauf. Wollt ihr das Thema Kiwu nun bewusst angehen? LG Susanne

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#3

RE: Kurz und schmerzhaft

in Eure Geschichte 30.04.2021 20:28
von Ma_rie • 167 Beiträge | 168 Punkte

Du liebe,

mein tiefes Mitgefühl für deinen Verlust!
Ja, der Schmerz ist groß und tief und die Verarbeitung des Erlebten braucht seine Zeit. Irgendwie auch toll wie kompetent dein Körper sich um den Abschied gekümmert hat, ganz schön stark!
Reden und teilen und den Gefühlen und Gedanken Raum geben ist sehr heilsam. Gut, dass du dieses Forum und andere Betroffene gefunden hast, das wünsche ich jeder Frau, die eine Fehlgeburt erlebt! Gemeinsam sind wir weniger allein.

Ich schicke dir herzliche Grüße, viel Kraft und ganz viel Zuversicht!

zuletzt bearbeitet 30.04.2021 20:33 | nach oben springen

#4

RE: Kurz und schmerzhaft

in Eure Geschichte 01.05.2021 11:23
von SM1913 • 35 Beiträge | 35 Punkte

Vielen lieben Dank!
Ich versuche stark zu sein. Der Schmerz jedoch wird noch lange bleiben.

Der Kinderwunsch ist immer noch da, aber ich glaube damit werden wir noch ein bisschen warten.

Liebe Grüße,
Susanne

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